Projektreise Weihnachten 2022

Mwandoga Dezember 2022

Erfolgreiche Projektreise nach Mwandogo 2022/2023,

Mädchen vor Frühverheiratung und Genitalverstümmelung geschützt,

Patensuche geht weiter!


Wie immer ist Gregory Kasenge im Dezember 2022 kurz vor Weihnachten nach Ukunda geflogen. Neben dem Besuch seiner Familie in Mwandogo hat er sich intensiv um verschiedene Projekte kümmern können.

Im Vordergrund stand wieder zu Anfang des Jahres, die Situation der Schulkinder und ganz besonders die der Mädchen, die die primary school abgeschlossen haben. Jedes Jahr steigt die Anzahl der Mädchen und Jungen, die für den Besuch der secondary school bei uns angemeldet werden. Wir freuen uns besonders, dass immer mehr Eltern die Möglichkeit erkennen, dass der Besuch der weiterführenden Schule für ihre Kinder der bessere Weg ist.   


Bildung ist der Schlüssel für eine bessere Zukunft!

Wir verhindern durch die Vermittlung von Schulpatenschaften:

  • die traditionelle Früh- und Zwangsverheiratung von Mädchen

  • die Genitalverstümmelung der Mädchen, die immer noch in vielen Familien durchgeführt wird ( FGM)

  • die Durchführung von Kinderarbeit für Mädchen und Jungen

 

Hintergründe der Frühverheiratung (im Dezember/Januar)

Immer wieder erreichte uns im Januar die Nachricht von einer traditionell geplanten Verheiratung. Das führte dazu, dass Mädchen kurzfristig in Sicherheit gebracht werden mussten.

Seit September 2022 hatte es wieder nicht mehr ausreichend geregnet, sodass keine neue Ernte in naher Zeit zu erwarten ist. Die zunehmende Armut durch die anhaltende Dürre, der Verlust von Gelegenheitsjobs, die Preissteigerungen besonders der Lebensmittel, als Folge des Ukraine Krieges hatte in vielen Fällen zu familiären Problemen oder auch Trennungen der Eltern geführt. Mütter sind plötzlich alleinerziehend ohne ein Einkommen. Familien wissen nicht mehr, wie sie ohne ein kleines Einkommen alle Kinder satt bekommen sollen. Der Wunsch nach Verheiratung der Töchter wird noch dadurch verstärkt, dass viele Männer polygam leben und dass viele Familien in Mwandogo traditionell eingebunden sind. So kann sogar eine alleinerziehende Mutter oftmals nicht über das Schicksal ihrer Töchter bestimmen. Es gelingt Müttern fast nicht, ihre Töchter vor der Verheiratung zu schützen. Die Männer der Großfamilie übernehmen in so einem Fall das Recht, über das Schicksal der Mädchen zu bestimmen. Das führt dazu, dass die Mädchen traditionell verheiratet werden sollen, um sie entsprechend ihres traditionellen Glaubens zu schützen oder rein zu halten. Heiratswillige Männer gibt es für diese jungen und oftmals sehr hübschen Mädchen ausreichend. Diese sind auch sehr willkommen, da es bedeutet, dass es für die Verheiratung der Tochter im Tausch mehrere Ziegen gibt, die der Familie helfen, die Armut und den Hunger für eine Weile ein bisschen zu lindern.

Für die Durchführung der traditionellen Hochzeiten und in diesem Rahmen auch der Genitalbeschneidungen, werden gerne die Monate Dezember und Januar von den Vätern  oder Familien-Oberhäuptern gewählt. Da diese Traditionen in Kenia gesetzlich verboten sind, sind diese beiden Monate besonders gut geeignet, dies durchzuführen, ohne dass die Durchführung der Genitalverstümmelung vorab entdeckt wird.  Gregory berichtete, dass einige Mütter mit ihren Töchtern weggelaufen sind oder diese im Dorf versteckt haben. Daher war es uns ein großes Anliegen, möglichst für diese Mädchen so schnell wie möglich eine Patenschaft zu finden.

Patenbesuch

Mitgereiste Unterstützer von Chanzo Kenya helfen

Bei diesem Vorhaben hat uns auch der Besuch von Chanzo Freunden im Dorf geholfen. Armin aus Köln hat seit Mitte 2022 eine Patenschaft übernommen und wollte sein Patenkind Dione besuchen. So war er mit Iris und Michael aus Kerpen, zusammen mit Gregory zu Besuch im Dorf.  Alle konnten die Freude der Jugendlichen bei der Verteilaktion von Päckchen und Briefen, die aus Deutschland für die Patenkinder mitgebracht wurden erleben. Sie erfuhren hautnah wie schwierig einige Familiensituationen zu dem Zeitpunkt waren und haben sich spontan entschieden, zwei Patenschaften für ein Mädchen und einen Jungen zu übernehmen. Diese drei Paten und auch einige andere unserer Paten haben durch ihre Begeisterung für unser Patenschaftsprojekt als Multiplikator mitgewirkt. Auf diese Weise konnten wir viele neue Interessenten für Patenschaften finden. Inzwischen sind 19 Mädchen und 5 Jungen mit der secondary school im Januar 2023 gestartet. Herzlichen Dank an ALLE!

Tanzen

Die mitgereisten Unterstützer des Vereins und Paten wurden besonders herzlich von den Frauen und Dorfbewohnern begrüßt. Die Frauen haben getanzt und die Patenmädchen ein Lied für sie gesungen. Nachfolgend ein Bericht von Arnim über den Besuch in Mwandogo:

Arnim: Eindrücke einer Reise nach Kenia – Mwandogo  Januar 2023

"In den Weihnachtsferien habe ich mein Schulpatenkind Dione in Mwandogo/Kenia besucht.
Die Möglichkeit, jetzt aktuell mit einem geringen Beitrag insbesondere die minderjährigen Mädchen innerhalb der nächsten Wochen vor Zwangsverheiratung und „cultural practises“ (zwangsweise Beschneidung der Schamlippen, ohne Betäubung oder Hygienemaßnahmen) zu bewahren, lässt mich diese Zeilen schreiben.
Zum neuen Schuljahr, das immer Ende Januar beginnt, werden noch Paten gesucht, die mit einem Monatsbeitrag von 35 Euro den Besuch der 4-jährigen Secondary School (9. bis 12. Schuljahr) finanzieren. ( Es ist möglich auch noch im Laufe des ersten Terms einzusteigen.)  Die Schulpflicht endet mit der achtjährigen Primary School. Der Besuch der secondary school ist also erstrebenswert, aber von vielen Familien im Hinterland keine Option. Mädchen sollen verheiratet werden – so schreibt es die Tradition vor. Ansonsten helfen sie bei der Feldarbeit und vielen anderen Jungen. In einigen Familien haben die Jungen den Vorzug auf die secondary school geschickt zu werden. Aber es gibt auch viele Familien – und das ist eigentlich die Mehrheit – da ist kein Geld da, um einen Schulbesuch mit Internat zu bezahlen oder eine Berufsausbildung.  Nähere Informationen findet man unter dem Punkt Projekte - Patenschaften: (
http://www.chanzo-kenya.com/seite/454061/patenschaften.html).

 

Die beiden Freunde, mit denen ich in Kenia war, haben nun auch eine Patenschaft für Kelvin und Peace übernommen. Kelvins Eltern sind gestorben und er hat nur noch seine über 90-jährige Oma. Für Peace lag bereits ein „Hochzeitsangebot“ vor. Beider Schulbesuch ist nun gesichert, Peace bleibt zudem die rituelle Beschneidung erspart. Die Armut in Kenia ist bedrückend, trotzdem sind die Menschen aufgeschlossen, freundlich und bereiteten uns in Mwandogo einen unter die Haut gehenden, sehr herzlichen Empfang. Schon bei der Ankunft wurden wir umtanzt und gefeiert, man hatte für uns traditionell gekocht, die Patenkinder richteten bewegende Dankesworte an uns und es wurde gesungen und getanzt. So viel Herzlichkeit und tiefen, ehrlichen Dank habe ich noch nie erlebt!
Viele weitere Informationen sind unter www.chanzo-kenya.com nachzulesen. Chanzo Kenya ist der gemeinnützige Verein, der die Patenschaften und anderen Projekte in Mwandogo organisiert.

 

Zwei Projektbeispiele:

 
UJI Das ist ein Maisbrei, den die Kinder zum Frühstück erhalten. Ohne Uji bekämen die Kinder bis zum Abendessen nichts (also für den kilometerlangen Schulweg zu Fuß und den ganzen Schultag bis 16 Uhr ). Uji bekommen auch Kinder aus angrenzenden Dörfern. Die Eltern werden Mitglied in der Mwandogo selfhelp group, die im Dorf gegründet wurde. Viele von ihnen sind jetzt ebenfalls Teil der Projekte im Dorf, in dem sie mitmachen bei der Herstellung und Verteilung von UJI an 270 Kinder oder anderen Projekten im Dorf. Dies ist der erste Schritt

 

Es bekommt jedes Kind Uji, egal wie die Familien traditionell eingebunden sind oder die Väter sich verhalten. Dies ist ein erster Schritt, um die Eltern mit diesem Projekt  in die Aktion Patenschaft gegen FGM und Früh -, Zwangsverheiratung einzubinden. Sie fangen an, sich von ihrer Tradition zu verabschieden, aber es ist noch ein langer Weg. An der Anzahl der Mädchen, die jetzt aktuell für die Patenschaften angemeldet werden, sieht man, dass eine Veränderung eintritt. 

 

Die Eltern müssen dafür unterschreiben, dass sie ihre Kinder tatsächlich zur Schule schicken. Die Einhaltung dieses Vertrages wird von Chanzo Kenya kontrolliert. Es gibt auch spezielle Uji-Patenschaften (http://www.chanzo-kenya.com/seite/412134/uji.html).


WASSERVERSORGUNG
In Mwandogo wurde ein 103 Meter tiefer Brunnen gebohrt. Mit Hilfe einer installierten Solaranlage kann das Wasser in große Wassertanks (alles spendenfinanziert) gepumpt werden. Mwandogo hat jetzt genügend Wasser, damit die Frauen aus dem Wasserkomitee das Wasser an Menschen aus umliegenden Dörfern für einen kleinen Preis abgeben können. So können sie den Erlös sparen und sind in der Lage, in der Zukunft Reparaturen oder anderen Bedarf am Brunnen selber zu finanzieren. Die Frauen der Mwandogo Selfhelpgroup bewässern jetzt ein neues Feld, um mehr Gemüse anzupflanzen. Dieses ist für den Eigen-bedarf oder wird verkauft. So können sie mit den Erlösen wirtschaften und werden so unabhängiger von ihren in Ritualen verhafteten Männern. Durch die Patenschaften und Projekte kommen immer mehr Menschen nach Mwandogo und die Idee der Hilfe zur Selbsthilfe verbreitet sich."

 

Armin aus Köln

 

Aber: PATENSUCHE GEHT WEITER !

Patenkinder

Ebenfalls konnten wir College- Patenschaften für drei Mädchen vermitteln. Somit sind jetzt insgesamt sechs Mädchen in der Berufsausbildung. Leider kostet jede Schule / College Schulgeld. Diese Gebühren sind oftmals doppelt so hoch, wie bei den secondary schools. Daher ist es hierbei auch möglich Teilpatenschaften zu übernehmen. Wir sind ebenfalls froh, dass sich andere neue Paten / Förderer gefunden haben, die den Bildungsfond lucky kids unterstützen, damit ausreichend Schulmaterial eingekauft werden kann. Durch die große Anzahl der aktuellen Patenkinder steigt natürlich auch die Höhe der Kosten für die Anschaffung der benötigten Schulkleidung, Lernmaterialien und Internatsbedarf. Die Freude der Patenkinder war in diesem Jahr besonders groß, da Gregory dank der weihnachtlichen Geldspenden der Paten:innen für viele Kids die Anschaffung von neuen Schuluniformen oder Sportkleidung organisieren konnte.

AKTUELLE PATENSUCHE für RAPHAEL, der auch gerade die secondary school abgeschlossen hat. Er benötigt einen oder mehrere Paten,  da 70 – 100€  pro Monat für die Finanzierung gebraucht werden. Er will am College die Ausbildung „Medienkommunikation und Journalismus“ beginnen.

 

Unversehrtheitsuntersuchung für Mädchen

Und wieder haben alle Mädchen – dieses Mal waren es schon 55 – im Januar eine gynäkologische Unversehrtheitsuntersuchung bekommen. Wir sind glücklich, dass alle noch ohne FGM sind, aber noch glücklicher sind die Mädchen selber. Wenn die  Mädchen beieinander sind, tanzen und singen sie: "... soll der Bräutigam doch die Ziegen heiraten und ich gehe stattdessen in die Schule!“

Rafael

Hilfen in konkreten Notfällen 

Schon länger beschäftigt uns die besondere Situation von Frauen, die allein ihre Kinder versorgen müssen und oftmals keine Unterstützung für den Lebensunterhalt durch ihre Familien erhalten. Ein solches Beispiel ist ASHA – Mutter von 9 Kindern. Nachdem ihr Mann verstorben ist, hat die Familie ihres Mannes sie fortgeschickt. Sie musste Hütte und Land verlassen. Dies ist auch eine Tradition, die für uns schwer verständlich ist. Nun lebt sie erstmal zusammen mit ihren Kindern in einer kleinen Hütte bei ihrer Mutter. Das ist aber auf Dauer keine Lösung. Auch hat sie kaum Möglichkeiten sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Genaueres zu ihrer Situation ist  in unserem Sonderbericht beschrieben und nachzulesen.  Für solche Frauen wie Asha haben wir jetzt ein Notfallprojekt eingerichtet, um diese Frauen zu unterstützen. Für Asha ist es der Bau einer Hütte und eine kleine Anschubfinanzierung, damit sie mit dem Grillen von Fisch und dem Backen von dem Gebäck Mandazi ihren Lebensunterhalt verdienen kann.  Für die Mjaka, Großmutter eines unserer Patenkinder ist es der  Kauf von Lebensmitteln, in Form eines Sackes Mais oder Bohnen. Für Chizi war es die Finanzierung von Schulgeld, weil ihre Kinder von der Schule weggeschickt wurden, da die Mutter die üblichen 350 KES/mtl. – dies sind in etwa 3,50€ -  für den zusätzlichen Lehrer nicht zahlen konnte. Oder es ist die medizinische Unterstützung, weil eine Brustoperation oder Augenoperation bei Mbogo oder Elizabeth notwendig geworden sind. Ohne unseren Notfallfond könnten sie es sich nicht leisten, diese Operationen durchführen zu lassen oder Medikamente zu bezahlen. Wir hoffen, dass wir viele Unterstützer und Spender:innen finden, die es möglich machen, dass wir mit diesem neuen Nofallfond diese Frauen unterstützen können.

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie eine Patenschaft übernehmen wollen – sei es für den Besuch der secondary school oder des College oder für ein bestimmtes Projekt. Genauere Informationen zu den Patenschaften finden Sie  >> hier.  Wenn Sie mit einer Spende Frauen in Notsituationen unterstützen wollen, geben Sie als Spendenzweck „ Notfallhilfe“ an.

 

Nächste Schritte, nächste Reise

Im April diesen Jahres werden Gregory und ich nach Kenia fliegen. Geplant ist ein Menstruationsworkshop mit den Patenmädchen. Seit ein paar Monaten nähen verschiedene  Frauen dafür eine große Menge an wiederverwendbaren Binden, die wir dann im Reisegepäck mitnehmen werden. Jedes Mädchen wird eine sogenannte Periodentasche erhalten, in der sich diese Binden und eine Menstruationstasse befinden. Dafür werden noch weitere Menstruationstassen  gebraucht.

Martin – einer unserer Vereinsgründer – wird uns dieses Mal begleiten. Er will sich besonders um die landwirtschaftliche Situation kümmern und prüfen, wie die Bedingungen für die Umsetzung von Permakultur sind. Natürlich werden wir auch wieder neue Anmeldungen für Mädchen und Jungen für das nächste Schuljahr aufnehmen. Die 3 Wochen werden ausreichend gefüllt sein und schon bald gibt es wieder Neuigkeiten aus dem Dorf Mwandogo und Umgebung zu berichten.

Herzliche Grüße

Barbara Becht